Progressive Rock

MOTORPSYCHO – BEHIND THE SUN (LP)

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motorpsycho_behind_the_sun_1024x1024.JPG v=1392135369Endlich das Postpäckchen vom Nachbarn mit dem aggressiven Kater abgeholt – der war allerdings friedlich gestimmt und so kann ich mich nun der neuen Scheibe ‚Behind The Sun‘ von Motorpsycho widmen. Die Norweger begehen 2014 das 25. Jahr ihres Bandbestehens und zeigen weder Anzeichen von Altersschwäche noch Ermüdungserscheinungen. Ganz im Gegenteil: das viele, neue Material fand mal wieder nur auf einer Doppel-LP Platz. ‚Behind The Sun‘ haut uns in über 60 Minuten von vertripptem Psychedelic Rock bis hin zu dynamischen Progressive-Balladen alles um die Ohren, was Gitarrensaiten, Schlagzeugfelle und Verstärkerröhren hergeben.

Schon mit dem ersten Titel ‚Cloudwalker (A Deeper Blue)‘ zeigen Motorpsycho, was sie in den letzten 25 Jahren gelernt haben: vielschichtige Songs mit einem grandiosen Gespür für Melodien und Rhythmen. Der tief grollende Bass und das unermüdliche Schlagzeug sind eine sehr komplexe Einheit, die mit ihrem Groove aber immer in die Beine oder – für die Langhaarigen unter uns – in den Nacken geht. Die dynamischen Gitarren, ob elektrisch oder akustisch, reichern die ganze Mixtur mit Fläche und besonderem Charakter an. Die Riffs sind brutal, können aber auch sehr feinfühlig und fragil sein. Der Gesang zieht alle (Ton-)Register und schwillt im Refrain gerne zur mehrstimmigen Lobpreisung an.

Auch der nächste Song ‚Ghost‘ offenbart eine Seite, die mir als eingefleischter Fan jahrelang zu kurz kam: Akustische Gitarren und erdige Gesangspassagen. Streicher und Mellotrone ergänzen sich hervorrangend und zusammen mit der schwermütigen Instrumentierung zaubern sie eine sehr düstere, aber wohlige Stimmung, die mit dem nächsten Song ein jähes Ende findet.

Mit Cowbell und Fuzzpedal rockt ‚On A Plate‘ absolut erbarmunglos. Die Instrumente grunzen vor sich hin, dass die Schweine im Stall blass vor Neid werden. Alles donnert, und auch ‚The Promise‘ glänzt mit astreiner Umsetzung des Gelerntes aus der Schule des Classic Rock. Die ersten Gitarrensoli werden losgelassen, aber hier deutlich sparsamer und beherrschter als auf den Vorgängeralben. Auch ‚Kvæstor (Incl. Where Greyhounds Dare)‘ macht keinen Hehl daraus, dass für Motorpsycho Bands wie Deep Purple, Iron Maiden und Led Zeppelin immer noch relevante Vorbilder sind. Was ich eben noch „beherrscht“ genannt habe, flippt jetzt komplett aus. Es gibt Passagen, wo sich alle wieder einfinden, um zu schauen, ob noch alle da sind. Aber dazwischen ist jeder frei, zu tun, wonach ihm ist. Aber schaut Euch das am besten mal kurz selber an.

Wieder ein paar Ruhepunkte auf dem Weg zum großen Finale des Albums finden sich in den nächsten Songs. ‚Hell, pt. 4 -6. . .‘ spinnt ein musikalisches Thema weiter, was die Band schon 2013 mit dem ersten Song auf dem Album ‚Still Life With Eggplant‘ begann. In über 12 Minuten entwickelt sich der Song vom leichtfüßigen, textbetonten Stück über eine Musik gewordene Traumsequenz zum ausufernden Post Rock-Jam inklusive mehrstimmigem Klimax. ‚Entropy‘ ist wieder eine geradere Popnummer, was ganz gut tut. Im Midtempo schaukeln wir uns durch den Song – schöne Akkorde, schöner Gesang, eins, zwei entspannte Soli. Damit´s aber nicht lahmt, reißt uns der treibende Groove von ‚The Magic & The Wonder (A Love Theme)‘ wieder hoch. Ich ahne schon, was kommt. Mit ‚Hell, pt. 7. . .‘ werden wir noch mal komplett durch Raum und Zeit geschleudert. Ich kann dem Song zwar einen 4/4-Takt zuordnen, aber wo der anfängt und wo aufhört, wissen wohl nur Motorpsycho allein. Das alte Gesangsthema von den ersten Parts von ‚Hell. . .‘ taucht auf, irgendwo zwischen verzerrten Gitarren, knurrendem Bass und jazzigem Rockschlagzeug. Alles überlagert sich, findet doch immer wieder zur gemeinsamen Sache zurück: den Hörer möglichst anspruchs- und effektvoll um seinen Verstand zu bringen.

Auf einmal ist es da: das abrupte Ende von ‚Behind The Sun‘. Ein musikalischer Ausflug, so facettenreich und aufregend, wie ein Trip zur Sonne und (dahinter) noch weiter. Für diese gut eine Stunde skandinavischer Sonnenforschung hätte ich sogar einen nicht friedlich gestimmten, aggressiven Kater des Nachbarn in Kauf genommen.

Maix Fleischer

SUNNY DAY REAL ESTATE – SPLIT-7-INCH mit CIRCA SURVIVE (19.04.2014)

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sunny day real estate splitSunny Day Real Estate waren die erste Band, die ich für mich als „Emo“ verbucht habe. Ein Begriff der Jahre später durch überambitioniert-weichgespülte Schmachtsongs und modisch-geschwungene Seitenscheitel pervertiert ist und sich davon eigentlich auch nie erholt hat. Mitte der Neunziger waren das noch von schweren Gitarrenriffs und unbarmherzigen Drumgrooves getragene Rocksongs, nah am Hardcore, jedoch melodisch und textlich gereifter. Die Themen waren sicherlich keine anderen, nur die Sichtweise änderte sich auch mit dieser Generation. Sunny Day Real Estate waren sicherlich nicht die ersten dieses musikalischen Genres, aber zweifelsohne prägend für vieles, was danach noch kommen sollte.

Als es 2001 dann zum zweiten mal hieß, dass die Band sich auflöse, konnte man sich, hoffend auf die nächste Reunion, mit genügend Material nachfolgender Projekte trösten. Ur-Bassist Nate Mendel verschaffte sich zwischen Tourplänen mit Dave Grohls Foo Fighters die Zeit, um mit seinen ehemaligen SDRE-Kollegen Jeremy Enigk (Gitarre, Gesang) und William Goldsmith (Schlagzeug) das großartige Debutalbum von The Fire Theft einzuspielen und kurzzeitig zu betouren. Gitarrist Dan Hoerner arbeitete an der zweiten EP von Dashboard Confessional mit. Und Jeremy Enigk veröffentlichte 10 Jahre nach seinem Debut 2006 sein zweites Studioalbum ‚World Waits‘.

2009 war es dann endlich wieder soweit: Sunny Day Real Estate ließen ihre Reunion verkünden. In der kompletten Originalbesetzung tourte die Band in den USA, Kanada und Australien. Es hieß, neues Material sei auf dem Weg. Doch vom Versuch, ein ganzes Album aufzunehmen, blieb lediglich ein Song, der nun gute vier Jahre später auf einer Split-7-Inch (2.500 Stück) mit Circa Survive veröffentlich wird. ‚Lipton Witch‘ heißt der Song und ist das erste neue Material der Band seit der LP ‚The Rising Tide‘ von 2000. Sunny Day Real Estate waren es vorher schon und sind es nun wieder: Geschichte.

Maix Fleischer

MOTORPSYCHO – BEHIND THE SUN (07.03.2014) *update

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motorpsycho1_1_OK_1382633011Aus den Tiefen der Fanforen und Twitterdiskussionen habe ich erfahren, dass die norwegischen Schweinerocker von Motorpsycho im Januar/Februar ein Doppel(!)album namens ‚Behind The Sun‘ veröffentlichen wollen „if everything goes right“! Ich hoffe, ich setz mich jetzt nicht in die Nesseln. Meine Quelle ist nämlich u. a. ein Schweizer, der ein italienisches Interview in einem norwegischen Forum zitiert. . . ob das gut geht?!

*Update: Release ist am 07. März!

Noch mal was zum Auffrischen. Hier eines der ruhigeren Stücke vom letzten Album ‚Still Life With Eggplant‘ von 2013.

 

*Update: nun gibt es auch ein erstes Bild vom Cover des neuen Albums.

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Maix Fleischer